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Yorck Kronenberg

Autor de Tage der Nacht: Roman (dtv Literatur)

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Inhalt: Gedankendestillat eines wachsenden Irrsinns

In diesem Roman begleiten wir den Ich-Erzähler in seiner Stadt, in der plötzlich alle Menschen verschwunden zu sein scheinen. Der Einstieg erfolgt in den typischen gehetzten Gedankenfluß eines Städters auf dem Weg zur Arbeit. Beim Warten auf die Ubahn stellt er fest, daß er schon länger keine Menschenseele mehr zu Gesicht bekam. Wie lange eigentlich? Schwer zu sagen, wenn man in Gedanken ist. Und warum fahren keine Ubahnen? Gemeinsam mit dem Ich-Erzähler versucht man herauszufinden, was los ist, und was demzufolge zu tun ist.

Meine Kritik, mit Zitaten:

Das Thema scheint universal zu sein und erinnert an Marlen Haushofers "Wand". In Zeiten der drohenden Bürgerkriege in Europa ist das Buch realitätsnäher, als man denken könnte. Oft kommt das Thema auf, wie gut die Überlebensfähigkeiten des modernen Menschen der Konsumgesellschaft sind, zum Beispiel bei Katastrophen oder wenn er auf sich allein gestellt ist. Insofern war es für mich interessant, welche Gedanken Yorck Kronenberg zu diesem Thema hat. Da er aber Künstler ist, genauer gesagt Pianist, spielt die künstlerische Bearbeitung dieses Themas eine größere Rolle als der naturwissenschaftlich-praxisnahe Aspekt, welcher für Überlebenskünstler relevant wäre. Auf mich persönlich wirkte sowohl der Gedankenfluß des Erzählers als auch die verwendeten Stilmittel stellenweise schon fast brachial konstruiert. Eventuell rührt dies aus der Natur des Komponierens her, doch mit Musik kenne ich mich nun überhaupt nicht aus. Jedenfalls stört es in gewisser Weise den Lesefluß, doch natürlich wird man auch zum Nachdenken angeregt.

An der Machart gefiel mir dagegen, daß Spannung aufgebaut und gehalten wird, beispiesweise durch das Einstreuen von Rätseln: "Ich konnte es mir nicht leisten, zu spät [zur Arbeit] zu kommen, gerade heute nicht." (S. 6) Ich weiß nicht, ob Kronenberg als Komponist genauso hart an der Banalität vorbeikomponiert, denn mir erschienen viele Gedanken und Handlungen der Hauptperson oft unmoralisch und abstoßend, reflektieren jedoch die heutige Gesellschaft ohne Werte und Ideale: "Es gibt keine Pornographie mehr, es sind Menschen, Opfer wie ich, womöglich leben sie nicht mehr." (S. 12) Wen juckt denn die Pornografie, wenn man gerade festgestellt hat, daß man der einzige Mensch weit und breit ist? Langsam beschleicht einen das Gefühl, daß die Hauptperson völlig durch ist, und man entwickelt Theorien, was wirklich los sein könnte, aber vom Leser verborgen wird:

- Die Hauptperson ist verrückt, träumt, liegt im Koma oder starb und sieht deshalb die anderen Menschen nicht mehr.
- Eventuell gibt es einen "Ruckler" in der Zeit, und jedes Lebewesen erlebt diesen Ruckler alleine, bzw. nur wenige Individuen befinden sich im gleichen Ruckler.
- Alle leben in der Stadt vor sich hin, ohne einander wahrzunehmen. (S. 68)
- Es wird ein Laborversuch im Simulator durchgeführt. (S. 26)

Daß die Hauptperson irre sein könnte, lassen außerdem ihre Gedankensprünge, ständigen Selbstmordgedanken und Halluzinationen vermuten: Manchmal sieht der Erzähler eine ihm bekannte Frau, die mit ihm interagiert, aber der normal und konkludent denkende Leser vermutet eher eine Halluzination oder Wunschvorstellung. Außerdem spielt der Erzähler "Theater" mit nicht vorhandenen Verkäufern in einem Laden. Dieses Überkünstelte ging mir schon auf die Nerven, war aber wohl bei einem Schriftsteller aus dem Künstlerbereich nicht zu vermeiden. Tja, da sieht man es mal wieder: die Künstler würden alle im Katastrophen mit Pauken und Trompeten in ihre Kunstwelt abgleiten. Später erfährt man, daß der Erzähler eine Art bildender Künstler von Beruf ist, da er Werbeprospekte entwirft. Künstler leben eben in den Tag hinein, und deshalb ist auch das Letzte, woran er denkt, die Zukunftsplanung, oder wie man den Winter übersteht. Würden andere nicht erstmal versuchen, ihre Verwandten zu suchen und das zukünftige Überleben zu planen, anstatt herumzustromern? Schwaben würden meiner Meinung nach jedenfalls sofort mit den Vorbereitungen für den Winter beginnen, anstatt zu philosophieren (S. 52). Natürlich reagiert jeder anders, doch das meiste von dem, was er tut, ist genau gegensätzlich zu dem, was ich tun würde. Oder zumindest zu dem, was ich vermutlich tun würde, denn wer weiß schon, ob er im Ausnahmezustand wirklich so abgeklärt handeln würde, wie er das in Zeiten der Normalität glaubt!

Das Buch liefert darüber hinaus noch viele weitere Denkansätze, beispielsweise "[wenn die Menschen weg sind], sind Bücher keine Bücher mehr". Interessant, sich vorzustellen, was aus einer Stadt ohne Menschen wird. Weitere gute Ansätze waren die Analogie von Mensch und Ameise (S. 16, S. 71): alleine sind wir weitestgehend hilflos, wobei man auch als Einsiedler überleben kann, die Ameise dagegen nicht. Doch natürlich muß man sich als Mensch diese Einsiedlerfähigkeiten erstmal aneignen. Außerdem sehr tiefgehend fand ich den Tierrechtsgedanken (S. 78): Was passiert mit Haustieren, wenn ihre Menschen aus irgendeinem Grund verschwinden? Eine schreckliche Vorstellung, wie ausgeliefert Tiere uns sind, besonders Haustiere, aber auch die sogenannten Nutztiere "in den Höllen, die von Menschenbestien für sie erdacht wurden" (S. 78).

Nun zu den Kritikpunkten. Der Aufbau und die Sprache des Buches erschien mir oft zu stark konstruiert, gekünstelt, und damit leserfeindlich. Viele deutliche Gedanken werden zuerst aufgebaut, aber leider dann direkt ausgesprochen (Hallo, Kapitän "Offensichtlich"!), beispielsweise:
- S. 26: Sieht er die Frau wirklich oder hat er Halluzinationen?
- Der Abschnitt über die "Vertierung": muß dann hinterher geschrieben werden, daß man dies und das wie ein Hund tut? Überhaupt ist die Entmenschlichung in diesem Buch stark vorangetrieben, was durchaus ein Problem der heutigen Konsum-, Leistungs- und Ellbogengesellschaft widerspiegeln kann, in welcher wir nur noch Interaktionsobjekte ineinander sehen und das eigentlich Menschliche wie Empathie, Hilfsbereitschaft, aber auch Streben nach Höherem, völlig untergegangen ist, siehe S. 92/93: man spielt lieber alle (und besonders die abartigen) Möglichkeiten durch, anstatt das Normalste der Welt zu tun: einander zu helfen. Insofern spiegelt die Situation im Roman in gewisser Weise das Banalitätenkabinett der heutigen Gesellschaft wieder, die nur aus niederen Trieben besteht und darauf verzichtet, nach Höherem irgendeiner Art zu streben.
Weiterhin nervig ist ein schlampiges Lektorat, wenn sogar ich als einfacher Leser noch Fehler finde, wenn auch geringe (S. 56: "daß" anstatt "das").

Am Schluß wurde versucht, eine der erwartbaren "Erklärungen" zu geben, doch nach aufgebauter Spannung kann der Schluß in so einem Szenario den Erwartungen nur schwer gerecht werden.

ISBN 3894013877
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Denunciada
Jantarnaja | Feb 12, 2017 |

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