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Einleitung : Der "Terrorismus" hat die Bundesrepublik immer wieder in Atem gehalten und die Bevölkerung beunruhigt. Nicht wenige riefen nach dem starken Staat. Und die Sicherheitspolitiker und -praktiker wußten diese populäre Legitimation zu nutzen, um den Staat nach innen immer weiter aufzurüsten. Die Blutspur der bewaffneten Gruppen ist gesäumt von einer Unzahl von Anti-Terror-Gesetzen und - Maßnahmen, deren Wirkungen weit über ihre jeweiligen Anlässe, weit über das Phänomen des bewaffneten Kampfes hinauswirken. Diese staatlichen Anti-Terror-Reaktionen haben ihrerseits dem zu schützenden Rechtsstaat längst schon schweren Schaden zugefügt und ihn zu einem präventiven Hochsicherheitsstaat transformiert, in dem Staatssicherheit und Staatswohl die bürgerlichen Freiheitsrechte und die politische Kultur allmählich zu ersticken drohen. Viel ist über das Phänomen "Terrorismus" geredet und geschrieben worden, weit weniger über seine Ursachen und kaum über die rechtsstaatlichen Kosten des Anti-Terror-Kampfes. Eben dieses Defizit wollen wir mit der vorliegenden Publikation abbauen: Nach nunmehr zwei Jahrzehnten intensiver Terrorismusbekämpfung wird es Zeit, Bilanz zu ziehen. Wir haben den großangelegten Versuch unternommen, das legislative, exekutive und insbesondere justizielle Anti-Terror-Instrumentarium und die Auswirkungen seines vielfältigen Gebrauchs systematisch aufzuarbeiten. Denn längst scheint der Überblick über das selbst von Experten kaum noch überschaubare System von staatlichen Sondereingriffsbefugnissen gegen mutmaßliche "Terroristen", gegen "Unterstützer, Werber und Sympathisanten des Terrors abhandengekommen zu sein - von den oft dramatischen Folgen für die Betroffenen ganz zu schweigen. Das Schwergewicht dieser Untersuchung liegt, das sei vorausgeschickt, nicht etwa auf den RAF-Kernverfahren der siebziger Jahre, sondern den "Terrorismus"-Verfahren der achtziger Jahre, einem Jahrzehnt, in dem das Anti-Terror-System perfektioniert und immer weiter ausgedehnt worden ist - weit hinein ins Vorfeld des bloßen Verdachts, weit hinein in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um gefährliche Staats- und Industrie-Projekte (etwa Atom- und Gen-Technologie). Diese schleichende Ausweitung, diese Verallgemeinerungstendenz ist unser eigentliches Thema: Tausende von Menschen und zahlreiche politisch-oppositionelle Initiativen sind bereits in die Anti-Terror-Maschinerie geraten - eine wundersame "Terroristen"-Vermehrung per Gesetz und Rechtsprechung. Wir können aufzeigen, wie das Anti-Terror-Instrumentarium weniger der strafrechtlichen Aburteilung "mutmaßlicher Terroristen" dient, sondern vielmehr der breiten Ausforschung sozial und politisch verdächtiger Szenen, Gruppen und Bewegungen. Wir suchen Antworten auf die Frage, welche Rolle Polizei, Geheimdienste und die Politische Justiz bei dieser Art von "Terrorismusbekämpfung" spielen und welche politisch-sozialen Auswirkungen diese "moderne" präventive Sicherheitspolitik zeitigt. Mittels Fallanalysen, Akten-, Dokumenten- und Literaturauswertung, Rechtstaatsachener-hebung und statistischer Auswertung versuchen wir - über Einzelfälle hinaus - die Strukturen, Strategien und Methoden der Politischen Justiz am Beispiel einer Vielzahl von "Terrorismus"-Verfahren herauszuschälen - von Gerichtsverfahren, die wir zum Teil selbst beobachten konnten. In einem abschließenden Kapitel begeben wir uns sodann auf die Suche nach den verlorenen Maßstäben: Wir unternehmen den Versuch, die "terroristische Bedrohung", wie sie - einem Horrorgemälde gleich - immer wieder an die Wand gemalt wurde (und wird) , zu entmythologisieren, indem wir sie mit anderen gesellschaftlichen Gefahrenpotentialen kontrastieren. Schließlich wurde und wird mit der "terroristischen Gefahr" seit über zwei Jahrzehnten massiv innere Sicherheits- und Aufrüstungspolitik betrieben. Erstmalig wird in dieser Publikation auch eine umfassende statistisch-vergleichende Bestandsaufnahme sämtlicher "Terrorismus"-Verfahren der siebziger und achtziger Jahre vorgelegt. Die detaillierten Vergleiche der "Linksterrorismus"-Verfahren mit der strafjustiziellen Praxis in den Bereichen der Alltags- und normalen Gewaltkriminalität sowie bei "Rechtsterrorismus"-Verfahren belegen eine extreme - politisch motivierte - Ungleichbehandlung sowie die immer wieder kolportierte These, daß die Justiz nicht allzu viel aus der Geschichte gelernt habe und nach wie vor mit zweierlei Maß messe. Der Staatsfeind steht jedenfalls immer noch links. Das Schwergewicht unserer Untersuchungen liegt also, wie die Themenaufstellung zeigt, nicht etwa auf der Erarbeitung einer "Theorie der Politischen Justiz", sondern auf der Aufarbeitung und Systematisierung der justiziellen Praxis und ihres sicherheitspolitischen Umfeldes. Sinnvoll erscheint uns ein solches Unterfangen allerdings nur vor dem historischen und ideologischen Hintergrund, den wir in Deutschland vorfinden, der jedoch so gerne verdrängt wird: Die nicht bewältigte Geschichte der Terror-Justiz der NS-Zeit und die Rolle der bundesdeutschen Politischen Justiz der fünfziger und sechziger Jahre bei der Kommunistenverfolgung entpuppen sich als Vergangenheiten, die auch die Anti-Terror-Justiz der siebziger und achtziger Jahre nachhaltig prägten. Nach einer nunmehr zwanzigjährigen Phase exzessiven staatlichen "Anti-Terror-Kampfes", der weitreichende, Folgen für die politische Kultur und die Substanz der bürgerlichen Freiheitsrechte mit sich gebracht hat, ist diese Auseinandersetzung überlebensnotwendig - gerade in einem Lande, das in der Verdrängung seiner eigenen unheilvollen Geschichte sein Heil suchte. All denjenigen, die beim Zustandekommen dieses Buchprojekts geholfen haben - es waren nicht wenige -, sei an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt - auch denjenigen, die durch diese langjährige Arbeit mitunter in arge Mitleidenschaft gezogen worden sind. Insbesondere den von der Politischen Justiz Betroffenen und ihren StrafverteidigerInnen danke ich für ihre Mitwirkung an diesem Teil des insgesamt dreibändigen Projektes, ebenso wie diversen Prozeßgruppen, etwa in Stuttgart, Düsseldorf, Köln und Hamburg, weiterhin einer Reihe von JournalistInnen und Pressearchivaren sowie namentlich dem früheren Mitarbeiter Paul Klein. Für manche Anregung bin ich auch den StudentInnen an der Universität Marburg und am Institut für Journalistik der Universität Dortmund dankbar, mit denen ich im Rahmen zweier Lehraufträge im Wintersemester 1989/90 über Probleme Politischer Justiz eingehend diskutieren konnte. Das gilt auch für viele andere politische Veranstaltungen im ganzen Bundesgebiet, in denen ich über diese Problematik referiert habe. Für die Zusammenarbeit im Rahmen einer umfangreichen parlamentarischen Anfrage an die Bundesregierung (Bundesjustizministerium), deren Ergebnisse Grundlage für den letzten Abschnitt dieser Publikation bilden, möchte ich dem wissenschaftlichen Mitarbeiter der Bundestagsfraktion der "Grünen", Christian Busold, danken. Diese Zusammenarbeit erstreckte sich auch auf die Erarbeitung eines Gesetzesentwurfs zur Liberalisierung des politischen Straf- und Verfahrensrechts (Streichung der "Anti-Terrorismus"-Vorschriften), den ich zusammen mit dem Ex-Bundestagsabgeordneten Manfred Such (innenpolitischer Sprecher der "Grünen im Bundestag") am 29. März 1990 in Bonn der Öffentlichkeit vorgestellt und erläutert habe. Außerdem ist mir über diesen Zusammenhang seit 1985 Gelegenheit gegeben worden, als Sachverständiger in Rechts-, Innen- und Fraktionsausschüssen des Bundestages und von Landtagen (Anhörungsverfahren) gegen neue Gesetzesverschärfungen im Bereich "Innere Sicherheit" Stellung zu nehmen. Durch die Berufung in die ProzeßbeobachterInnen-Gruppe zum Verfahren gegen Dr. Ingrid Strobl vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf im Auftrag des "Verbandes Deutscher Schriftsteller" in der IG Medien und der "Grünen" in Nordrhein-Westfalen ist mir die kontinuierliche Beobachtung dieses wichtigen Prozesses ermöglicht worden. Daraus resultierten mehrere öffentliche Stellungnahmen und wichtige Kapitel und Passagen in der vorliegenden Publikation. Dem Hamburger Institut für Sozialforschung ist zu danken für die Förderung des Projektes. In besonderem Maße gilt mein Dank der früheren Instituts-Mitarbeiterin Margarete Ludewig, Rechtsanwalt Joachim Kersten und dem Lektor Thomas Becker, der sich intensiv mit dem Manuskript beschäftigt und viele Anregungen und Verbesserungen beigesteuert hat. ( Bremen / Hamburg, Frühjahr/Sommer 1991 - Rolf Gössner)… (más)
 
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Aficionado | May 7, 2020 |
(Vorwort) : "Widerstand gegen die Staatsgewalt" - wer denkt, dabei nicht an den einschlägigen Abschnitt des Strafgesetzbuches, in dem diverse Handlungen insbesondere gegen Amtspersonen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht werden? Der Titel dieses Buches könnte somit als eine Art öffentlicher Aufforderung zu solchen Straftaten (miß-)verstanden werden - was einem heutzutage schnell passieren kann. Doch wer das annimmt, denkt zu kurz und zu eng. Dieses Buch will mehr: Es will öffentlich aufstacheln zum kollektiven Widerstand gegen eine verhängnisvolle Entwicklung der Politik der Inneren Sicherheit, auffordern zur politischen Opposition, zum zivilen Ungehorsam gegen die sogenannten Sicherheits- und Anti-Terror-Gesetze. Es will aber gleichzeitig verhindern helfen, daß Menschen, die von staatlicher Gewalt, von Geheimdiensten, Polizei oder Politischer Justiz potentiell oder bereits akut bedroht sind, ins offene Messer der Repression laufen und sich in die Isolation treiben lassen. Deshalb lautet der erklärende Untertitel des vorliegenden Buches: Handbuch zur Verteidigung der Bürgerrechte. In einer Zeit, in der paketweise immer neue Gesetzesverschärfungen zugunsten der Staatssicherheit und zu Lasten der Menschen- und Bürgerrechte geplant und durchgesetzt werden, in einer Zeit, in der zunehmende staatliche Überwachung und Kriminalisierung allmählich Verunsicherung, Angst und Resignation in den kritischen Teilen der Bevölkerung verbreiten, in einer solchen Zeit müssen verstärkte Anstrengungen unternommen werden, die Opposition gegen diesen Gesetzes- und Sicherheitsextremismus zu forcieren, zu organisieren, mit anderen Widerstandsbewegungen zu verknüpfen. Unsere Zukunft, ja unsere politischen Überlebenschancen hängen nämlich entscheidend davon ab, wie wir künftig noch wirksame außerparlamentarische Politik gegen immer bedrohlicher werdende machtpolitische, existenzgefährdende Entscheidungen der herrschenden Kräfte in diesem Land betreiben können. Denn der Widerstand gegen jene Rest-Risiko-Politik, der Kampf gegen Atomenergieanlagen, gegen Aufrüstung und Umweltzerstörung, der Kampf gegen Ausbeutung und Massenarbeitslosigkeit kann letztlich nur dann erfolgreich geführt werden, wenn gleichzeitig der Kampf gegen die fortschreitende Zerstörung der Freiheitsrechte, aber auch der Kampf um demokratische Strukturen endlich mit Sachverstand, Ausdauer und politischer Phantasie aufgenommen wird. Die bürgerlichen Freiheitsrechte oder kurz: die Bürgerrechte sollen hier also nicht etwa idealistisch als abstrakte, allein um ihrer selbst willen schützenswerte Grundrechte und -werte im Rechtshimmel verstanden werden, sondern zum einen durchaus in ihrem klassischen Sinn als (in Deutschland fatalerweise leider nicht) geschichtlich hart erkämpfte, nur sehr rudimentär verwirklichte, aber ausbaufähige Abwehrrechte der BürgerInnen gegen Eingriffe des Staates in die prinzipiell geschützte Individualsphäre, zum anderen sollen sie aber auch verstanden werden in einem überindividuellen, politisch aktiven und systemtranszendierenden Sinne: nämlich Bürgerrechte als wesentliche Bestandteile politisch-sozialer Demokratievorstellung sowie als nicht hoch genug einzuschätzende Elemente jener Bedingungen, unter denen Opposition und Widerstand gegen unsoziale Zu- und Mißstände, gegen freiheitszerstörende Herrschaftsstrukturen in diesem Land (noch oder wieder) möglich ist. Bürgerliche Freiheitsrechte haben also eine wichtige Schutzfunktion, sie waren und sind zugleich Waffen im politischen Kampf. Sie kampflos kassieren oder nur in ihrer Substanz antasten zu lassen, käme einer politischen Entwaffnung und Selbstaufgabe gleich. Im ersten Teil des vorliegenden Buches wird nun der Versuch unternommen, die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer starken Bürgerrechts- und Anti-Repressionsbewegung plausibel zu machen. Es geht darum, die Gefährlichkeit einer Politik der Inneren Sicherheit bloßzulegen, die gesundheits- und lebensbedrohende, letztlich unbeherrschbare Projekte mit (Staats-) Gewalt durchsetzt und nicht etwa diese Projekte, sondern die hiervon betroffenen Menschen als potentielle oder konkrete Sicherheitsrisiken einstuft, die den technologischen "Fortschritt" stören - sprich: die Profitgrundlagen und möglicherweise gar die Herrschaftsverhältnisse gefährden könnten. Anhand von Szenarien, Fall-Dossiers, Dokumenten und Analysen soll veranschaulicht werden, wie uns die zunächst recht abstrakt anmutende Staatssicherheit in unterschiedlich-en Lebensbereichen betreffen und gefährden kann, wie schwer durchschaubare Strukturentwicklungen im Staatssicherheitssystem geradezu verheerende Konsequenzen im sozialen Alltag und die politische Kultur in diesem Land zeitigen: der entwickelte "Präventionsstaat in der Risikogesellschaft" (Thomas Blanke) macht's möglich. Im zweiten Teil des Buches geht es um Geschichte und Perspektiven bundesdeutscher Opposition in Sachen Bürgerrechte. Es ist der von verschiedenen Mitautoren unternommene Versuch, den Kampf um Bürgerrechte geschichtlich zu fundieren, verschüttete Traditionen auszugraben und kritisch zu beleuchten: Was lehrt uns die politische Opposition gegen die Kommunistenverfolgung und Notstandsgesetzgebung der fünfziger und sechziger Jahre, was die Opposition gegen "Anti-Terror"-Maßnahmen und Berufsverbote der sozialliberalen siebziger Jahre und gegen Volkszählung und "Sicherheitsgesetze" in den achtziger Jahren? Gibt es positive Ansätze, wie beispielsweise die außerparlamentarische Bündnispolitik gegen die Notstandsgesetze (die allerdings letztlich weitgehend gescheitert ist) oder das Internationale Russell-Tribunal zur Situation der Menschenrechte in der Bundesrepublik im Jahre 1978 oder aber jüngst die breite Boykott-Bewegung gegen die Volkszählung, an die es anzuknüpfen gilt? Wo ist Kritik angebracht an mangelnder Solidarität und (selbst-)isolierter Opposition - etwa gegen die Verfolgung von politischen und sozialen Minderheiten, gegen Kommunistenverfolgung und Sympathisantenhetze - , an Distanzierungs- und Unterwerfungsritualen von Teilen der Linken gegenüber dem Staat im "Deutschen Herbst" 1977 oder zehn Jahre danach? Welche Konsequenzen lassen sich aus diesen historischen Erfahrungen ziehen, welche Perspektiven eröffnen sich für eine künftige effizientere Opposition und Anti-Repression- bzw. Anti-Präventionspolitik? Wie ist ihr Verhältnis zu den Alternativbewegungen, etwa der Anti-AKW- und der Friedensbewegung, zu bestimmen, die ja eine Kultur außerparlamentarischer Opposition entwickelt haben und verkörpern - trotz oder ungeachtet der massiven inneren Aufrüstung und Kriminalisierungsversuche? Was ist von einer grün-alternativen Bürgerrechtspolitik zu erwarten, und kann man die Gewerkschaften bzw. ihre Basis im Kampf um die Menschenrechte einfach rechts liegen lassen? Reicht ein reiner Verteidigungskampf um den durchaus recht kritikwürdigen "Status quo", reicht die Notbremser-Funktion des "rette, was zu retten ist", des bloß "negativen" Protests, oder muß man eine ernstzunehmende Bürgerrechtsbewegung nicht auch verstärkt den positiven Kampf um demokratische Strukturen führen, um grundsätzliche Veränderungen zu erreichen, um den präventiven Sicherheitsstaat Stück für Stück strukturell abzubauen? Wir stehen noch am Anfang dieser Diskussion um Strategien der Gegenwehr, um Entstaatlichung und um die Entwicklung demokratischer Utopien. Hier können letztlich nur einige wenige Grundlagen und Ansätze für die weitere Auseinandersetzung geliefert werden, die etwa im Herbst 1988 mit einem bundesweiten Kongreß unter dem Motto "Freiheit stirbt mit Sicherheit" fortgeführt wird. Das Buch schließt ab mit praktischen Ratschlägen zur Gegenwehr für einzelne sowie für Gruppen, die sich der Bürgerrechtsarbeit widmen wollen. Hier werden die Schwierigkeiten bei der Zurückeroberung politischer Handlungsfähigkeit erörtert, die Probleme der "Betroffenheit", der Aufklärung und Veranschaulichung komplexer und abstrakter Sachverhalte. Neben Kurzporträts bereits existierender Bürgerrechtsgruppen - wie "Humanistische Union", "Komitee für Grund-rechte und Demokratie, "Bürger kontrollieren die Polizei" - und einem Katalog von möglichen Bürgerrechtsaktio-nen finden sich hier auch detaillierte Rechts- und Verhaltenstips für den täglichen Umgang mit Staatsgewalten - zur Abwehr staatlicher Ein- und Übergriffe. All diejenigen, die beim Zustandekommen dieses Buches geholfen haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt, insbesondere den MitautorInnen: Roland Appel (Bonn), Dieter Hum-mel (Reutlingen), Andrea Lederer (Nürnberg), Hans Günter Meyer-Thompson (Hamburg), Oliver Tolmein (Bonn), Dieter Schöffmann (Bremen), RA Michael Schubert (Freiburg), Prof. Dr. Jürgen Seifert (Hannover) und RA Hans-Christian Ströbele (Berlin); des weiteren für die Unterstützung und Mitarbeit: Hamburger Institut für Sozialforschung, cilip/"bürgerrechte & polizei" (Berlin), Die Grünen im Deutschen Bundestag (Bonn), RAin Heide Schneider-Sonnemann (Bremen) und den VerlagsmitarbeiterInnen. (Bremen, Juli/August 1988 - Rolf Gössner)… (más)
 
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Aficionado | Apr 3, 2020 |
Vorwort: Im engmaschigen Netz der "Inneren Sicherheit" kann sich so mancher verfangen, der kaum damit rechnet. Schnell kann man in unangenehme Konflikte geraten mit der Polizei, mit Geheimdiensten, mit dem Gesetz oder mit der Justiz. Politisch aktive Menschen, die sich oppositionell betätigen, ohnehin. Über die eigenen Rechte - Datenschutz, Aussageverweigerung, Klagemöglichkeiten usw. - herrscht dann oft lähmende Unsicherheit. Dieser Ratgeber knüpft an eine Tradition an, die manche Aktiven der 68er-Studentenbewegung noch heute in ihrem Langzeit-Gedächtnis bewahrt haben dürften: "Wie man gegen Polizei und Justiz die Nerven behält", so lautete der Titel jener "Rotbuch"-Fibel von Klaus Eschen, Sibylle Plogstedt, Renate Sami und Victor Serge, die erstmals 1973 erschienen ist (aktualisierte Neuauflage 1978) und weite Verbreitung gefunden hat. Geschrieben wurde jenes Buch "für alle, die mit Polizei und Justiz zu tun haben oder zu tun haben werden" ; es sollte helfen, "Fehler zu vermeiden und den Tricks der Justiz - neben einer gewissen Kenntnis der Rechtslage - vor allem gute Nerven entgegenzusetzen". Seither ist nicht nur viel Zeit verstrichen, sondern hat sich vieles grundsätzlich gewandelt. Nach zahlreichen außerparlamentarischen Aktivitäten, insbesondere der Friedens- und Anti-AKW-Bewegung, aber auch der Frauen-, Häuserkampf-, Tierschützer-, Anti-Gen und Volkszählungsboykott-Bewegung in den achtziger Jahren flauten nach dem Anschluß der DDR an die Alt-Bundesrepublik diese vielfältigen linksorientierten oppositionellen Aktivitäten merklich ab. Auf der anderen Seite stagnierte der Aus- und Umbau des staatlichen Gewaltapparates keineswegs. Auf der Grundlage eines für den sog. Anti-Terror-Kampf geschaffenen Ausnahmerechts, das heute zum normalen Standard gehört, wurde seitdem immer weiter nachgerüstet - mit zahllosen Gesetzesverschärfungen und strukturellen Veränderungen zu Lasten der Bürger- und Freiheitsrechte. Ob dieser Trend der herrschenden Sicher-heitspolitik unter der neuen rot-grünen Bundesregierung ein Ende finden wird, ist noch offen. Um den Jahreswechsel 1998/99 sieht es so aus, als ob diese Bundesregierung auf dem in der rechtsliberalen Ära erwirtschafteten Standard aufbauen und lediglich einige Korrekturen und Ergänzungen anbringen würde (Kontrollverbesserung im Geheim-dienstbereich, verstärkte Prävention zusätzlich zur bislang dominierenden repressiven Kriminalpolitik etc.) Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte sind zahlreiche qualitativ recht unterschiedliche Rechtsratgeber, insbesondere für Demonstrationsteilnehmer, erschienen. Die meisten sind längst veraltet, was in Zeiten einer fortschreitenden Aushöhlung der Grundrechte rasch passieren kann. Der vorliegende Ratgeber dürfte der umfassendste Leitfaden für den Umgang mit Polizei, Justiz und Geheimdiensten aus bürgerrechtlicher und staatskritischer Sicht sein. Er umfaßt alle wesentlichen Rechtsbereiche im Verhältnis "Bürger" - Polizei, "Bürger" - Geheimdienste, "Bürger" - Justiz. So werden all jene Gelegenheiten aufgezeigt, in denen einzelne von Eingriffen der Staatsgewalt betroffen sein können: von der Verkehrskontrolle bis zur Wohnungsdurchsuchung, von der Beschlagnahmung bis zur U-Haft, vom Platzverweis bis zur Erkennungsdienstlichen Behandlung, von der Observation bis zur Sicherheitsüberprüfung, von der Zeugenvernehmung bis zum Lauschangriff. Es werden - im Sinne erster Rechts-Hilfe - praktikable Rechts- und Verhaltenstips für alltägliche Situationen gegeben, aber auch für Demonstrationen, Streiks, zivilen Ungehorsam, für Ermittlungsverfahren und den Gang vor Gericht. Auch die wichtigsten gesetzgeberischen Neuerungen - wie Großer Lauschangriff, Aufenthaltsverbote, "Schleierfahn-dung" oder Gen-Datei - werden erläutert. Diese "Erste Rechts-Hilfe" ist aus der parteiischen Sicht eines engagierten Rechtsanwalts, Polizei- und Geheimdienstkritikers sowie eines seit zwei Jahrzehnten aktiven "Bürgerrechtlers" ("Frankfurter Rundschau") verfaßt worden. Eingeflossen sind meine Erfahrungen als anwaltlicher Vertreter von Polizei- und Geheimdienst-Opfern, als Demonstrations- und Prozeßbeobachter, als Betroffener von Polizeiübergriffen und Geheimdienst-Überwachung (seit über einem Vierteljahrhundert), als Autor zahlreicher Bücher zur "Inneren Sicherheit", als Sachverständiger in diversen Gesetzgebungsverfahren auf Bundes- und auf Länderebene sowie als parlamentarischer Berater der Bundestags- und Landtagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und bisweilen auch der PDS. Die hier zusammengestellten Rechts- und Verhaltenstips sind für alle Ratsuchenden geschrieben worden - für Individuen, Gruppen und Organisationen. Obwohl sie eindeutig zu einem emanzipatorischen, demokratischen, bürgerrechtsorientierten Gebrauch bestimmt sind, muß ich als Autor damit leben, daß meine Ratschläge auch von jenen genutzt werden können, die ich politisch vehement bekämpfe oder deren Taten ich aufs schärfste verurteile. Denn Grund- und Freiheitsrechte sind unteilbar - sie haben universell zu gelten. Deshalb wendet sich dieser Ratgeber auch gegen ein bloß instrumentelles Verhältnis zu Bürgerrechten und rechtsstaatlichen Standards - wie es erschreckend weit verbreitet und nicht gerade selten auch auf Seiten der Linken anzutreffen ist. Dieser Ratgeber ist ein Plädoyer für eine bürgerrechtliche Opposition gegen den permanenten Ausbau des "Sicherheitsapparats", gegen den "starken" und autoritären Staat. Zu einer solchen Bürgerrechtsopposition gehört auch die Kompetenz, die dieses Buch als Erste Rechtshilfe und Nachschlagewerk vermitteln will: sich gegen zweifelhafte Maßnahmen staatlicher Gewalt wirksam zur Wehr zu setzen und zusammen mit anderen, insbesondere mit Bürgerinitiativen und Bürgerrechtsgruppen, die politisch-juristische Gegenwehr zu verstärken. Die Bürgerrechte, um deren intensive Inanspruchnahme es in diesem Buch geht, umfassen sowohl individuelle als auch kollektive Rechte. Bürgerrechte sind zwar in erster Linie Abwehrrechte gegen Eingriffe des Staates in Rechtspositionen der BürgerInnen, doch können sie in bestimmten Situationen auch als "Waffen" im politischen (Oppositions-) Kampf gegen existentielle Bedrohungen, soziale Mißstände und politische Ungerechtigkeiten verstanden und genutzt werden. Und so gesehen haben die Qualität der Bürger-rechte und ihre Durchsetzungschancen auch unmittelbaren Einfluß auf die Bedingungen der oppositionellen politischen Arbeit, auf die Bedingungen des politischen Widerstands, auf die Beurteilung von Zivilcourage und Zivilem Ungehorsam. Sich einerseits pausenlos auf Bürgerrechte zu berufen und ihre Verletzung zu beklagen und zu skandalisieren, sie aber andererseits - aus Unkenntnis oder aber aus Resignation - ungenutzt brach liegenzulassen, sie nicht wahrzunehmen, ihre (auch gerichtliche) Durchsetzung nicht wenigstens zu versuchen, wäre in aller Regel politisch unklug und widersprüchlich. Es gibt also gute Gründe, sich kollektiv oder einzeln auch mit juristischen Mitteln gegen Eingriffe der Staatsgewalten zur Wehr zu setzen oder eigene Rechte einzuklagen; um dies zu realisieren, bedarf es einiger wesentlicher Voraussetzungen: - Erst die Kenntnis der repressiven und präventiven staatlichen Mittel und Methoden und ihrer Wirkungsweisen ermöglicht es, sein Verhalten entsprechend auf sie einzustellen und ihnen möglicherweise selbstbewußt begegnen zu können. - Erst die Kenntnis der einzelnen Strukturdefekte, an denen etwa eine öffentliche oder rechtliche Kontrolle von sicherheitsstaatlichem Handeln allzu oft scheitert, ermöglicht es, gezielt Mittel und Wege zu suchen, diese Stellen juristisch-politisch zu überwinden....… (más)
 
Denunciada
Aficionado | Jan 26, 2020 |
Dr. Rolf Gössner, Rechtsanwalt und Publizist, rechtspolitischer Berater der Fraktion "Die Grünen" im niedersächsischen Landtag.
 
Denunciada
Aficionado | May 14, 2019 |

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